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Das neue Jahr ist erst ein paar Tage alt und Sie haben schon wieder „vergessen“ Zahnseide zu benutzen, morgens das Bett zu machen, gesünder zu essen, täglich zwei Liter Wasser zu trinken oder  ins Fitnesscenter zu gehen?

Da sind Sie in bester Gesellschaft!

Vermutlich knapp die Hälfte der Bevölkerung nimmt sich vor, sich im neuen Jahr zu bessern. Doch nur einem Bruchteil gelingt es auch, die meisten scheitern. Ein Heer von Psychologen versucht uns seit Jahren uns zu erklären, woran das liegt und vergisst dabei (fast) völlig, die Idee konstanter Selbstverbesserung zu hinterfragen. Ich werde das an dieser Stelle auch nicht tun. Wir leben eben in einer Zeit, die sich selbst und die Menschen über ihre Ziele und das Erreichte definiert – heftige Kollateralschäden inbegriffen.

 

Ich möchte Ihnen einen völlig anderen, grundlegenden Ansatz anbieten, der in unserer schnelllebigen Ära gerne vernachlässigt wird: In ihm geht es darum,  eine tragfähige Basis für das neue Jahr zu schaffen. Und das beginnt damit, das Vergangene zu würdigen und mögliche lose Enden einzusammeln. Wie das funktioniert?

Schreiben Sie Ihre „Erfolge“ auf.

Dabei dürfen Sie mit dem Begriff Erfolg sehr großzügig umgehen: Er umfasst alles, was Sie messbar als Fortschritt verstehen, aber auch das, was Ihnen einfach nur gut gelungen ist, was Ihnen Freude gemacht, Ihr Leben bereichert hat oder womit Sie das Leben anderer bereichert haben, was Sie inspiriert hat und wofür Sie dankbar sind. Wenn Sie nicht weiter kommen oder stocken, schauen Sie in Ihr Facebook-Profil, in Instagram, auf Ihre gespeicherten Fotos, in Ihren Terminkalender und/oder sprechen Sie mit Ihrem Partner, Ihren Geschäftsfreunden und den Kindern!

Sie werden erstaunt sein, wie reich ein Jahr sein kann.
Allein dieses Staunen kann Sie schon in einen schöpferischen Zustand bringen und den Raum öffnen. Der zweite Teil ist anspruchsvoller.

Schreiben Sie eine „Unerledigtes“-Liste!

Keine „to do“-Liste, sondern eine Liste all der Dinge, die liegen geblieben sind. Denken Sie nicht darüber nach, nehmen Sie sich ein Blatt Papier und tun Sie’s gleich – nicht später! Sie dürfen schonungslos ehrlich sein: Diese Liste ist nur für Sie bestimmt, nicht für fremde Augen.

Wenn Sie fertig sind, werden Sie eine wilde Sammlung von Dingen vor sich haben, die Sie tun wollten, vielleicht auch hätten tun sollen, von denen Sie glauben, dass Sie sie tun müssen, vielleicht auch ein paar Ihrer Ziele und womöglich auch Dinge, die Sie sich wünschen.

Was tun mit diesem Sammelsurium?

Die unerledigten Dinge, die termingebunden sind oder eine gewisse Dringlichkeit haben, können Sie gleich vernachlässigen. Denn worum es mir hier geht, sind die Sachen, von denen Sie anderen gegenüber gesagt haben, dass Sie sie tun werden. Dazu gehört auch alles das, was andere von Ihnen erwartet haben und dem Sie nicht explizit widersprochen haben. Kurz: Ihre Versprechen, Ihre Absichtserklärungen und alle Vereinbarungen, die Sie nicht oder noch nicht eingehalten haben. Sie können diese Punkte entweder farbig markieren oder auf ein neues Blatt übertragen.

Erschrecken Sie nicht, wenn Sie das zum ersten Mal machen. Da kann ganz schön was zusammen kommen. Und vermutlich nicht nur Sachen, die im letzten Jahr liegen geblieben sind. Sie entscheiden selbst, wie weit sie in die Vergangenheit zurück gehen wollen. Je mutiger Sie sind, desto grösser ist allerdings auch die Belohnung. Das große „Netz des Lebens“ ist vermutlich aus Beziehungen geknüpft. Das, was wir hier gerade machen, bringt diese „Beziehungsknoten“ wieder in Ordnung und sorgt dafür, dass die Energie wieder fliessen kann. Das kann Wunder bewirken..

Im nächsten Schritt können Sie sich darüber klar werden, ob Sie diese Zusagen und Erwartungen noch erfüllen wollen oder nicht. Aber: ob Sie sich schlicht getäuscht haben, sich übernommen haben oder – um im New Age-Jargon zu sprechen – ob es sich richtig anfühlt, spielt keine Rolle. Es ist einfach Ihre Entscheidung!

Schreiben Sie dann bei all diesen Punkten die Namen der Personen dazu, die mehr oder weniger darauf warten, dass Sie ihr Wort halten. Und jetzt kommt es -vermutlich ahnen Sie es schon: Rufen Sie diese Personen in den nächsten Tagen an und teilen Sie ihnen mit, dass Sie (nicht) bereit sind, Ihre Vereinbarung oder Ihr Wort zu halten. Eröffnen Sie was Sie statt dessen tun wollen oder was auch immer es braucht, um diese Beziehung auf eine neue, klare Vertragsebene zu stellen: Eine neue Vereinbarung in einem anderen Feld? Einen neuen Impuls? Einen neuen Zeitplan? Und wenn Sie Schaden angerichtet haben, finden Sie heraus, was ihn wieder gut machen könnte (und tun Sie’s).

Meinen Klienten empfehle ich, zudem darauf zu achten, wie es ihnen dabei geht. Das eine oder andere Gespräch wird Ihnen vermutlich schwer fallen. Vermutlich werden Sie aber auch mit jeder Sache, die Sie klären einen kleinen Schub an Kraft und Energie, an Inspiration und ein neues Gefühl von Weite oder Freiheit bekommen. Darum geht es!

Anbei noch ein Sicherheitshinweis: Wenn Sie nicht Wort gehalten haben, machen Sie sich dabei – wenn möglich – nicht zum Opfer von Umständen oder gar zum Opfer des anderen. Verzichten Sie auf Entschuldigungen und Erklärungen. Diese Form von Beziehungs- bzw. Vergangenheitsarbeit funktioniert am besten, wenn Sie bedingungslos die Verantwortung übernehmen – gerade auch für das, was nicht funktioniert hat.

Ich weiß, dass diese Haltung nicht sehr populär ist. Meist braucht es daher etwas Zeit, bis Sie sich mit dieser Haltung wohl fühlen. Seien Sie also nicht zu streng mit sich selbst, wenn das nicht auf Anhieb klappt.

Wie Sie der Überschrift dieses Beitrags entnehmen können, werden Sie dadurch vermutlich nicht in den Himmel kommen. Aber es könnte sein, dass Sie sich eine solidere Basis für das neue Jahr schaffen und Ihr Leben allein deswegen ein kleines Stückchen besser funktioniert. Das wäre doch ein guter Start, oder?

 

Noch etwas:

Diese kleine Übung müssen Sie nicht zu Beginn des Jahres machen. Wann immer Sie das Gefühl haben, irgend etwas zöge Ihnen die Energie ab, ist dieses Duett hilfreich. Wenn Sie ein wenig Übung haben, können Sie auch die Reihenfolge tauschen. Also zuerst das Unerledigte aufschreiben und dann die Erfolge. Ich versuche das mindestens zweimal im Jahr zu machen, ganz egal, wie es mir geht.

Die Kredits für die „Unerledigtes-Liste“ gehen an Boudewijn Vermeulen. Ebenso die Arbeit mit dem Fokus auf Erfolgen. Der Rest hat mit „Integrität“ zu tun.