Views: 616

Über die Grundlagen der Propaganda und monocausale Weltbilder habe ich schon geschrieben.
Dies ist der Dritte und letzte Teil des Versuches einen Blick hinter den Vorhang zu werfen.

kollektiv unbewusst manipulativ.

Wir Deutsche haben schon einmal eindrücklich bewiesen, wie empfänglich wir für ein simples, reduktionistisches Weltbild sind.

1933 waren die Slowaken, Zigeuner und allen voran die Juden die Ursache allen Unglücks,
heute ist es ein mikroskopisch kleines Teilchen.

Damals sprach man von „Parasiten“ – heute ist es ein „Aggressiver Virus“.
Von weltweitem Kampf und Ausrotten ist damals wie heute die Rede …

Auch das Narrativ, die Geschichte, die wir darüber erzählen, ist ähnlich. In der Kurzform:

„Die Menschheit ist in höchster Gefahr!“

Die lange Variante lautet ungefähr so: Da gibt es etwas, von dem die, die es wissen müssen, sagen, dass es die (alleinige/primäre) Ursache allen Unglück oder des Nicht Funktionierens von Systemen ist oder zumindest derssen ultimative Bedrohung.

Die einzige Möglichkeit, die wir haben ist es mit allen Mitteln zu bekämpfen.

Dazu müssen jetzt alle zusammenhalten und Einschnitte hinnehmen (natürlich)

Erst wenn es/sie weg / besiegt / ausgerottet ist wird die Welt (wieder) in Ordnung sein. / alles gut / oder die System so funktionieren, wie sie gedacht sind.

Dieses Narrativ ist spekulativ, basiert auf Annahmen, die nicht bewiesen sind, simplifiziert und unterschlägt alles was es in Frage stellen könnte. Es verspricht eine Zukunft, die so nie eingetreten ist und vermutlich nie eintreten wird. Im Gegenteil, die Geschichte zeigt, dass Narrative dieser Art meist mehr Schaden angerichtet als geholfen haben, insbesondere dann, wenn alle im Gleichschritt dazu marschiert sind.

Warum glaubt das die Mehrheit der Bevölkerung?

Wir lieben einfache Erklärungen. 2000 Jahre Christentum haben uns für die simple Polarität Gut ./. Böse sensibilisiert und ein solides Fundament für den Kampf gegen den Teufel in seinen verschiedenen Erscheinungsformen gelegt. Wir sind an Ausnahmezeiten, den Einsatz drastischer Mittel, Not und Entbehrungen gewöhnt, auch wenn die letzten zwei Generationen in der trügerischen Sicherheit von Komfort und Konsum leben durften. Last: die Medien arbeiten wie ein gigantischer, gut geölter Propaganda Apparat.

Mit Vernunft hat das nichts zu tun.

Man könnte vermuten, dass wir im Informationszeitalter / einer Bildungsgesellschaft eine gewisse Immunität gegen vereinfachende Narrative aufgebaut hätten. Aber mit Vernunft hat das wenig zu tun. Unbewusste Faktoren spielen eine wesentliche Rolle. Allen voran Angst. Existenzielle Angst, die Angst vor dem Unbekannten, einer ungewissen Zukunft, Angst vor Verlust von Status, Job, Ansehen und Gesundheit, die Angst vor Ungehorsam/Strafe und wie immer die Angst vor Veränderung.

No change is sexy

Auf der anderen Seite der Medaille stehen das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, Gehorsam und Gefolgschaft, die Sehnsucht nach Wiederherstellung der Normalität und nach einen charismatischen Führer aus der Krise. Auch das gab es vor knapp 100 Jahren schon einmal.

Jordan Peterson hat sich als klinischer Psychologe mit Hitler beschäftigt und noch zwei weitere Aspekte gefunden, die anscheinend tief in Hitlers Persönlichkeit verankert waren.

Der Ekel vor allem Unreinen und die Besessenheit nach Ordnung.

Hitler war für C.G. Jung das Sprachrohr des kollektiven Unbewussten.

Auch wenn die historische Situation schon lange nicht mehr vergleichbar ist, so steckt etwas ausser Angst und der Sehnsucht nach Normalität in diesem Unbewussten, dass wir uns bis heute erhalten haben und das uns auch heute wieder für Manipulation anfällig macht: unsere Abneigung gegen das Unreine, gegen Unordnung, das Bedürfnis nach Kontrolle und irgendein merkwürdiges Gefühl, dass uns sagt, wir stünden über den Dingen und unsere Antworten seien für andere verbindlich.

Vulgo: Besserwisser, Oberlehrerinnen, Saubermänner und Dominas/Diktatoren

Auf das Betriebssystem kommt es an

Ich behaupte hier nicht, dass wir Nazis sind. Aber alle kollektiv unbewussten Inhalte, die wir nach 1945 nicht wirklich angeschaut haben, sind ein idealer Nährboden für, was gerade ist und vielleicht noch kommen wird. Anders ausgedrückt: Sie sind quasi das Operating System, das weitgehend unbemerkt im Hintergrund läuft und das alle anderen Programme brauchen um reibungslos zu funktionieren. Auf diesem operating system laufen aber nicht nur die in einer Krise tatsächlich Not-wendigen Programme, sondern auch die, von denen wir nach 1945 gesagt haben, dass sie nie wieder laufen dürfen. Dazwischen liegt nur ein schmaler Grat.

Call To Action

Die Entscheidungen der Politik betreffen bestenfalls deinen „circle of concern“ – hier kannst du bis zur nächsten Wahl nicht viel machen. Der kollektiv unbewusste Teil betrifft jeden Einzelnen. Hier kannst du was machen – das ist dein direkter „circle of influence“. Es geht um dein und mein „Betriebssystem“, dein Bewusstsein, das viel mehr ist als das, was du weisst, konkret um unsere unbewussten Determinanten und den Willen da mal etwas tiefer zu bohren. Auch wenn es unbequem ist.

Das ist der Weg um es Manipulation so schwer wie möglich zu machen.

Unsere Integrität steht auf dem Spiel.

Noch etwas: obwohl damals wie heute reduktionistische simple Narrative leicht als Lüge, oder bestenfalls als „true, but partial“ wie Ken Wilber sagt, zu entlarven sind, fällt es schwer, ja ist es fast unmöglich, dagegen auf zu stehen und sei es auch nur um Zweifel an zu melden, ohne dass du vom Mob verprügelt wurdest oder von seinem Äquivalent der Postmoderne, den Medien, gebasht wirst.

Das ist ein Teil des Spiels. Aber kein Grund die Klappe zu halten.
Das hatten wir nämlich auch schon einmal. Mit verheerenden Folgen.