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Die Haltung macht es. Das, was gerade mit uns durch die globale Durchseuchung mit Smartphones passiert, gibt mehrfach Anlaß zur Sorge. Über die geistige Gesundheit, aber auch scheinbar rein körperliche Veränderungen – was eigentlich sehr schön ist, eben weil nicht nur Fehlfunktion, sondern auch die Haltung durch den Körper zum Ausdruck gebracht wird. Und das ist mehr wie Nackenschmerzen.

Ein findiger Chiropraktiker hat seine Sicht mit „text neck“ auf den Punkt gebracht. Und weil’s so kurz und knackig ist macht der Begriff die Runde.

Seit ich letztens nicht vermeiden konnte in der rush hour mit der U-Bahn zu fahren, weiss ich, was gemeint ist. Und ich würde ich meine Gefühle gerne wieder in den Griff bekommen. Schreiben hilft da bekanntlich.

Dieses gespenstische Scenario eines vollbesetzten Ubahn Wagons im Winter. Eine homogene Masse in strahlend braun grauen Tönen und zwei von drei schweigend über ein Smartphone gebeugt. Der Dritte starrt dann vor sich hin oder liest noch –wie altmodisch- Zeitung oder Bücher. Gespräche? Kaum oder wenn in Sprachen, die ich nicht sicher verstehe.

Ich bin verwirrt. Sieht so unser nächster kultureller Entwicklungsschritt aus? Diese längst überfällige, gelebte Verbindung zwischen uns allen. Die Aufhebung des illusionären Getrennt-Seins? Was davor Spinnern vulgo Esoterikern und Quantenphysikern vorbehalten war zu wissen, ist seit Bleep und The Secret auch in Bild angekommen. Die unendliche Beziehungsmatrix, der Quantenpool, die Ursuppe, die uns alle schaukelt? Das soll also die neue Beziehungsqualität sein?

 

 

Und seit dem ich text neck kenne, denke ich immer wieder an Chögyam Trungpa. Auch wenn das altmodisch ist. Er hat zeit seines Lebens für eine Haltung gekämpft, die er auf einen einfachen Punkt brachte: good neck and shoulders. Leute die bei mir Workshops machen, oder Coachings, lernen das auch heute noch (und noch ein bißchen mehr). Nämlich erhobenen Hauptes und aufrecht durch die Welt zu gehen. Ich hatte sogar mal einen Lehrer der seinen Auszubildenden Kissen auf den Kopf gelegt hat – neben merkwürdigen Frage und Antwort Spielen namens Dyaden immer noch ein geheimes Erkennungszeichen. Und die Haltung spiegelt die Haltung. Immer. Auch und trotz Molcho und der Instrumentalisierung der Körpersprache.

Ich habe noch bei Leuten gelernt die Bioenergetik, Körperarbeit und Körpergewahrsein zusammengebracht haben. Und etliche Gestalt Sitzungen haben nachdrücklich gezeigt, dass die Reichschen Theorien vom Muskelpanzer etc. ihre Richtigkeit haben. Heute werden sie ergänzt durch neue Erkenntnisse, aber nicht aufgehoben.

Unsere Erfarhungen spiegeln sich ausnahmslos im Körper. Es wäre wirklich interessant zu wissen, was wir mit der neuen Haltung Text Neck verankern. Und was sich früher so anhörte wie: im Nacken trägst du alle Lasten, die du dir aufgebürdet hast, dein “Packerl”, muss vielleicht bald korrigiert werden. Da sitzen dann endlose sms, email, facebook, twitter und WhatsApp Konversationen und wenn der Account mal abraucht, braucht man nur noch den richtigen Punkt im verspannten Nacken zu finden und schon ist die Erinnerung wieder da. Sozusagen Datenrettung 3.0.

Was tun wir also mit diesen neuen Spielzeugen außer der Industrie dazu zu verhelfen jährliche Absatzrekorde auszustellen? Wir nutzen sie um unsere Haltung zu ändern. Unbewusst. Und jetzt kommt es hart:

Richtung Tu Dro wie die Tibeter “Rindviecher” nennen, also alles was den Kopf in Richtung Boden hängen lässt. 10 Millionen Smartphones könnte ein paar tausend Jahre Evolution in ein paar Jahrzehnten zu Nichte machen, nicht ohne die Konzerne die diesen brutalen Konkurrenzkampf überleben, vorher super reich zu machen. Dass Smartphones für eine hoch entwickelte Zivilisation brand gefährlich sind zeigt das Video oben, übrigens bewusst aus dem Jahr 2008!

Mit den Folgen für Kultur, Persönlichkeit und Entwicklung hat sich Manfred Spitzer – Digitale Demenz–  eingehend beschäftigt. Auch meine Arbeit kommt nicht drum rum. Denn ständige Verfügbarkeit und Ablenkung ist einer der Gründe warum Bewegungsspielraum und Ressourcen immer knapper werden. Ohne ROOM TO MOVE – so meine Theorie- gibt es aber keine Entfaltung und nur mittelmäßige Führungskräfte.

 

Aber dieses Kritik am Mainstream wollen nur wenige hören und meine Frau sagt auch, ich sollte das nicht immer so negativ sehen. Und vielleicht hat sie recht und habe ich das ganze mal wieder mißverstanden und die Sache stellt sich ganz anders dar:

Dann würde die Menschheit, diese grauen Massen, die mit gesenktem Haupt durch UBahnen und Strassen läuft ihre Häupter in Demut beugen, wohl wissend, dass Demut die einzige Haltung ist, die es ihr ermöglichen wird die wirklich große Dinge zu sehen.

Das erklärt schlagartig alles. Nur nicht warum dieser signifikante Entwicklungsschritt, der sich auf der ganzen Welt aufgrund einfacher Bilder beweisen ließe, an mir unerkannt vorbei gegangen ist. Jetzt beuge ich auch mein Haupt. Und weil’s wirklich schön ist hier nochmal das Zitat auf dem dies Erkenntnis beruht im Original Wortlaut:

“Humility is the only lens through which great things can be seen–
and once we have seen them, humility is the only posture possible.”

 

Parker –text neck- Palmer

 

Ich beuge mein Haupt.